E-Bike-Bikefitting einfach selbst machen für spürbar besseren Komfort. Mit Schritt-für-Schritt-Hilfestellung zur optimalen Lenkerhöhe und Sitzposition.

E-Bike-Bikefitting selbst machen: So geht’s

Die Jeans muss perfekt sitzen und das Rad nicht? Zu viele Radfahrer und Radfahrerinnen nehmen Beschwerden und gar Schmerzen auf dem Bike oder Pedelec als zum Fahrradfahren gehörende Probleme hin. Der Sattel drückt und reibt, die Knie und der untere Rücken schmerzen, die Halswirbelsäule verkrampft und einschlafende Hände bereiten mit jedem Kilometer zunehmend Probleme beim Stützen und Bremsen. Zahlreiche Mythen und Halbwahrheiten über die ideale Sitzposition sind im Umlauf, dazu versprechen hunderte Sättel, Lenker und Griffe auf dem Markt sofortige Linderung solcher Probleme. Dabei liegt es oft genug nur an der jeweiligen Einstellung.

Zutaten für entspanntes, schmerzfreies Sitzen auf dem Pedelec

Radfahren ohne Schmerzen oder sonstige Probleme ist mit etwas Gewöhnung prinzipiell bei jedem gesunden Sportler und Menschen möglich. Und sogar körperlich vorbelastete müssen mit etwas Unterstützung beim Einstellen ihres Rades grundsätzlich keine Unannehmlichkeiten hinnehmen. Auch ein Rennrad muss keine Foltermaschine sein. Es kommt eben nicht auf den Fahrradtyp oder die Fahrweise an, City- oder Trekkingrad, mit und ohne Motorunterstützung, reine Hobbybiker*innen oder Profis – egal. Zwei große Baustellen gilt es für dieses lohnende Ziel abzuarbeiten: Die Sitzposition muss individuell im Sinne der Ergonomie an die Tretbewegung angepasst und die entsprechenden Kontaktpunkte zum Rad sollten auf eine mögliche Optimierung hin überprüft werden. Damit sind der Fahrradsattel, die Fahrradgriffe und Lenkerform sowie Kurbel und Pedale gemeint. Am besten ist es, wenn eine entsprechende Beratung vom Fachhändler schon beim Kauf des Bikes stattgefunden hat. Dessen Größe und Rahmengeometrie geben die Grenzen der Verstellmöglichkeiten besonders bei der Sattelposition vor. Selbst durch den Tausch von Vorbauten, Lenkern und Sattelstützen sind ergonomische Faktoren und Einstellungen wie Sattelhöhe, Lenkerposition oder Armwinkel nur innerhalb dieses Fensters anpassbar.

Grundlage für Radfahren ohne Beschwerden: das Bike Fitting

Ob Bike-Fitting oder E-Bike-Fitting, die Grundschritte dieser Anpassung des Fahrrads an den Menschen sind gleich, kleine Abweichungen bei den Sollwerten kann man aber feststellen. Die Sattelposition insbesondere Sitzhöhe auf einem Fahrrad mit Motorunterstützung kann ein klein wenig in Richtung Komfort beim Aufsteigen und Anhalten verschoben werden. Etwas tiefer und aufrechter zu sitzen, kostet Effizienz beim Treten, die wird aber durch den Motor ausgeglichen. Im Folgenden geben wir eine kurze Anleitung, wie man Schritt für Schritt zumindest grob seine individuelle Sitzposition findet. Die Frage, ob man solch ein E-Bike-Fitting selbst machen kann, ober, ob man den Preis für einen professionellen Bikefitter zahlen sollte, hängt von der Heftigkeit der körperlichen Probleme und dem Anspruch an den Grad der Optimierung ab. Der überwiegende Teil aller Pedelec-Fahrer*innen sollte aber ohne kostenintensives Bikefitting gute Ergebnisse erzielen. Eine komfortable und effiziente Hilfe dabei, neben unserer kurzen Anleitung hier, ist die Ergon Fitting Box, ein Kit, in der all die notwenigen Werkzeuge sowie wissenschaftlich fundierte Datentabellen integriert sind, die auch Profis benutzen. Die Fitting Box nutzt folgende sieben Schritte zum Einstellen des Bikes:

Sattelhöhe einstellen

Der Abstand vom Tretlager zum Sattel bestimmt zum allergrößten Teil, wie weit gebeugt und gestreckt das Knie beim Treten ist. Die Sattelhöhe sollte so eingestellt werden, dass das Knie während der Tretbewegung nie gestreckt und möglichst immer weniger als im rechten Winkel gebeugt ist. Dazu wird die Sattelstütze mehr oder weniger weit im Rahmen versenkt. Weiterer Artikel.

Dr. Kim Tofaute misst die Sattelhöhe mit Ergon Fitting Box Maßband

Ein zu tief justierter Sattel kostet durch eine schlechte Biomechanik nicht nur Kraft, der spitze Kniewinkel am oberen Totpunkt der Kurbel erhöht den Druck der Kniescheibe auf den Gelenkknorpel, was zu Schmerzen, Reizungen und mittelfristig zu höherem Gelenkverschleiß führen kann. Eine ergonomische Sattelhöhe sorgt für effizientes und gelenkschonendes Treten.

Sattelneigung justieren

Die Ausrichtung der Satteloberfläche hat großen Einfluss auf die Positionierung des Beckens und damit Druckverteilung zwischen Po und Sattel. Bei leicht gelöster Sattelklemmschraube lässt sich die Sattelnase leicht abwärts bis minimal aufwärts ausrichten. Ziel ist es, der natürlichen Position des Beckens zu folgen, ohne eine Tendenz zum Herunterrutschen zu erzeugen.

Dr. Kim Tofaute stellt die Sattelneigung mit Ergon Fitting Box Wasserwaage ein

Die Grundposition eines Sattels ist die Waagerechte. Bei sehr aufrechter Oberkörperposition (Holland-, City-, Trekkingrad) kann die Sattelnase beim Bikefitting etwas angehoben werden. Bei gemäßigter Vorlage (MTB) sollte der Sattel etwa waagerecht sein. Bei Druck im Schritt oder bei noch stärkerer Vorneigung (Fitness-, Gravelbike) kann die Nase etwas nach unten stehen. Weiterführender Artikel zu Hüftschmerzen.

Nachsitz korrigieren

Die relative räumliche Position vom Gesäß zum Tretlager lässt sich außer durch die Sattelhöhe auch durch Verschieben des Sattels in Fahrtrichtung verändern. Er sollte bei allen sportlichen Bikes so entlang seiner zwei Schienen verschoben werden, dass eine senkrechte Linie von der Kniescheibe durch die Pedalachse entsteht, wenn sich der entsprechende Fuß in der 3-Uhr-Stellung, also maximal weit vorne, befindet. Bei aufrechter und komfortorientierter Sitzweise auf modernen Pedelecs bedeutet das meist, den Sattel so weit technisch möglich nach hinten zu schieben. Achtung: Auf den Schienen (Rails) sind Begrenzungen zur Klemmung aufgezeichnet, die eingehalten werden müssen.

Dr. Kim Tofaute stellt die horizontale Sattelverstellung mit Ergon Fitting Box Equipment ein

Das Abwärtstreten geschieht durch eine Kombination aus Hüft-, Ober- und Unterschenkelmuskeln. Durch korrekten Nachsitz entsteht eine Art Kräftegleichgewicht, das die Bewegung effizient und schonend macht. Außerdem bewegen sich die beteiligten Gelenke in jeweils optimalen Winkeln. Besonders das Knie könnte ähnlich wie bei zu geringer Sattelhöhe durch falschen Nachsitz Schaden nehmen. Auch der Sitzkomfort, selbst bei top ergonomischem Sattel, leidet bei unpassendem Nachsitz entweder am Schambein oder im Bereich der Sitzknochen.

Einstellen Sitzlänge / Lenkerabstand

Wenn der Nachsitz eingestellt ist, hat man, ohne Teile zu tauschen, nur wenig Einfluss auf den waagerechten Abstand von Sattel zum Lenker. Die Lenkerposition in Höhe und diesem Abstand definiert die Neigung des Oberkörpers nach vorne. Verstellbare Vorbauten lassen eine Anpassung zu, die ändert gleichzeitig aber auch die Lenkerhöhe. Meistens bleibt nur der Tausch von Vorbau oder Lenker. Faustregel: Zwischen Sattelnase und Lenker sollte eine komplette Unterarmlänge inklusive der Finger liegen – natürlich des Nutzers. Zu kurze Sitzlängen sind oft der Grund für Nackenschmerzen.

Mann steht mit Fahrrad vor einer Mauer. Aufnahme von der Seite.

Lenkerhöhe anpassen

Höhe und Abstand hängen eng zusammen. Wer sportlich fahren will, bringt Lenker und Sattel auf gleiche Höhe, bei Pedelecs üblich ist aber ein bis zu zwei Handbreit höherer Lenker. Auch zur Anpassung der Lenkerhöhe muss man bei modernen Bikes Lenker und oder Vorbau tauschen, wenige besitzen ab Werk einen Verstellbaren.

Frau auf Tourenrad, Fokus auf Oberkörper und Schulter

Eine weiter nach vorne geneigte Körperhaltung erschafft ein besseres Widerlager für die Tretbewegung, man kann mehr Kraft aufs Pedal bringen, ohne Pendel- oder Wippbewegungen mit dem Rumpf. Außerdem bietet man dem Fahrtwind weniger Angriffsfläche. Dafür erhöhen sich die Stützkräfte auf die Hände, bei gut eingestelltem Rad aber deutlich weniger, als die meisten Menschen vermuten. Eine etwas tiefere Griffposition bringt zusätzlich mehr Gewicht aufs Vorderrad, das läuft so ruhiger und spurtreuer. Durch eine Satteldruckmessung, wie im Ergon-Labor möglich, würde man wiederum feststellen, dass sich das Körpergewicht gleichzeitig Richtung Sattelnase konzentriert. 
Tipp: Das Komfortoptimum findet man durch ein schrittweises Aufrichten aus einer sportlich tiefen Position. Bei der Oberkörperneigung, bei der oben erwähntes Pendeln oder vorwärts Wippen mit dem Rumpf einsetzt, ist der Winkel gerade überschritten.

Neigung Cockpit / Griffe fixieren

Bei völlig geraden Lenkern und runden Griffen kann man durch Verdrehen nicht viel verstellen. Lenkerhörnchen und flügelförmige Griffe wie die GP-Serie von Ergon sollten aber so geneigt sein, dass beim Stützen Handrücken und Unterarmoberseite annähernd eine Gerade bilden. Sowohl die Bar Ends als auch angesprochene ergonomische Griffe sind mit je einer Klemmschraube (meist Innensechskant) am Lenker arretiert.

Fahrradgriff wird mit einem Schraubenschlüssel festgezogen.

Stark abgeknickte Handgelenke durch Griffe im falschen Winkel verengen am Übergang von Unterarm zu Handwurzel diverse Kanäle, durch die Blutgefäße und Nerven hindurchlaufen. Abgesehen von der stark erhöhten Spannung von Sehnen und Bändern auf der Handflächenseite führt diese Verengungen zu kalten und kribbelnden bis tauben Händen, siehe Karpaltunnelsyndrom. Ergonomische und gut eingestellte Griffe halten die Handgelenke in ihre natürliche Position.

Fußposition markieren

Die Fußposition ist nur für Biker*innen einstellbar, die Klickpedale benutzen. Alle anderen müssen bei jedem Aufsetzen der Füße darauf achten, dass die Fußballen möglichst zentral auf der Pedalachse stehen, die Fußspitzen zeigen in Fahrtrichtung oder leicht auswärts. Ergons PT-Pedal optimiert bei jedem Aufsetzen die Fußposition. Wer Pedalsysteme benutzt, sollte seine Cleats exakt nach deren Vorgaben montieren. Für die perfekte Einstellung der Schuhplatten (meist SPD-System) bietet Ergon spezialisierte Tools an.

Fuß auf dem Ergon PT Pedal

Positioniert man den Fuß nicht auf die beschriebene Art und Weise auf dem Pedal, überträgt er die Tretenergie nicht über die Segmente oder Knochen aufs Pedal, die anatomisch für den Kontakt zum Boden vorgesehen sind. Druck auf die Strukturen im Fußgewölbe zum Beispiel haben ähnliche Effekte wie abgeknickte Handgelenke. Taube Füße, kalte Zehen und oder brennende Fußsohlen können die Folge sein. Ein zu weit nach innen oder außen rotiert aufs Pedal aufgesetzter Fuß kann unmittelbar zu Spannungen, mittel- und langfristig zu Schmerzen oder gar Verletzungen in den Knien führen, da das Gelenk nicht achsengerecht bewegt wird.

Lohnt sich ein E-Bike Fitting auch für Wenig-Fahrer?

Die Notwendigkeit, Zeit und Geld zu investieren, um sein Rad präzise einzustellen und auszustatten hängt eher mit der Länge der Strecken zusammen, weniger mit der Häufigkeit des Fahrens. Je schlechter die Ergonomie des Bikes zum / zur Besitzer*in passt, desto weniger Minuten radelt man ohne Probleme oder Schmerzen, und desto eher geht die Freude am Radfahren verloren. Neben diesem Verlust von Spaß investiert man ohne Anpassung der Fahrradergonomie auch unnötig Kraft, kommt später und gestresster, sogar ermüdeter und gefrusteter an. In extremen Fällen kann eine komplett falsche Sattelhöhe, Sattelposition oder nur nach Gefühl gesetzte Griffausrichtung sogar zu Verletzungen führen. Das gilt weniger für tägliche Kurzstrecken zum Bäcker als für die längere Tour, die nur ab und zu unternommen wird. Unter 40 Euro für eine der Ergon Fitting Boxen und etwa eine Stunde Aufwand lohnen sich aber in jedem Fall. Eine professionelle Vermessung und Analyse der Sitzposition inklusive der Beratung bezüglich besonders ergonomischer Sättel und Griffe durch einen Bikefitter kann dann in Betracht gezogen werden, wenn sich nach dem do-it-yourself-Bikefitting keine Verbesserung einstellt oder man individuelle Fragen nicht klären konnte. Auch Mensch mit besonderen Bedürfnissen wie Asymmetrien, Verletzungen im Bewegungsapparat oder Fehlstellungen sollten darüber nachdenken, ein Bikefitting beim Profi zu buchen.

Die Fitting Box von Ergon – vorgestellt vom Entwickler Dr. Kim Tofaute

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