Schmerzen beim Radfahren haben viele negative Effekte auf deinen Körper und deine Psyche – wir erklären dir, wie Schmerzen deine Leistungsfähigkeit beeinflussen.

Schmerzen beim Radfahren und ihr Effekt

No pain, no gain. Schmerzen gehören zum Training dazu – das ist immer noch eine gängige Meinung, wenn es um den Radsport geht. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Schmerzen beim Radfahren, egal ob beim sportlichen Training oder bei der entspannten Radtour, sind nichts, was du erdulden musst, und einen Vorteil hast du durch sie auch nicht. In diesem Artikel erklären wir dir, was Schmerzen eigentlich sind, wie wir sie wahrnehmen, welchen Effekt sie auf deinen Körper und deine Psyche haben und wie du sie auf dem Fahrrad vermeiden kannst. 

Zwei Personen fahren auf einem Weg Fahrrad. Im Hintergrund sind grüne Felder und Berge zu sehen.

Was sind Schmerzen – eine Definition

Wie genau definiert man eigentlich Schmerzen? Die International Association for the Study of Pain (IASP) hat die bis heute in der Medizin übliche Definition folgendermaßen formuliert: „Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist.“ Das Schmerzerlebnis setzt sich aus der tatsächlichen Art des Schmerzes, der beispielsweise als stechend, bohrend oder brennend bezeichnet werden kann, und – weniger offensichtlich für viele Menschen – der Emotionalität des Schmerzes, welcher zum Beispiel als quälend, mörderisch oder – besonders häufig beim Sport – erschöpfend. Zusätzlich ist Schmerz natürlich eine sehr persönliche Erfahrung, die durch viele individuelle Faktoren, wie dein Gesundheitszustand, dein Geschlecht und sogar deine Sozialisierung beeinflusst wird.

Fahrradfahrerin zieht Radschuhe auf einer Treppe an.

Wie wir Schmerzen fühlen

Schmerzen sind ein Warnsystem – eine Fehlermeldung des Körpers sozusagen, die dir eindringlich mitteilt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dabei werden elektrische Impulse über gesonderte Nervenfasern, den sogenannten Nozizeptoren, zum Rückenmark geleitet. Dort werden die Impulse von der grauen Substanz (Gray Matter) ans Gehirn weitergereicht, wo sie von einer weiteren Schaltzentrale, dem Thalamus, an die Teile des Gehirns weitergereicht werden, die für die Sinnes- und Gefühlswahrnehmung des Schmerzes verantwortlich sind. Zeitgleich sorgen die Nozizeptoren dafür, dass das Gewebe um die Verletzung stärker durchblutet und schmerzempfindlicher wird. Es werden Immunzellen aktiviert, die Botenstoffe, wie Histamin ausschütten und auf eventuell in den Körper eingetretene Fremdstoffe reagieren. Das ist der Grund, warum die betroffene Köperregion auch über die eigentliche Verletzung hinaus druckempfindlich ist, anschwillt und schmerzen kann.

Zwei Personen untersuchen ein anatomisches Modell einer Hand, das Muskeln, Sehnen und Knochen zeigt. Das Modell wird zur Erklärung der Handergonomie verwendet.

Körperliche Effekte von Schmerzen

Neben Sinnes- und Gefühlswahrnehmung, also dem eigentlichen Fühlen des Schmerzes, gibt es einige physische Reaktionen, die über die eigentliche Schmerzursache hinausgehen. Bei plötzlich auftretenden Schmerzen, zum Beispiel bei einem Sturz, wird als Teil der Schreckreaktion dein Kreislauf angeheizt und dein Blutdruck sowie deine Atemfrequenz steigt. Bei vielen anderen Schmerzen ist der Effekt schleichender. Auch auf deine Muskeln haben Schmerzen negative Auswirkungen, wie der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) herausstellt: Deine Muskeln werden angespannt, was zu einer schlechteren Sauerstoffversorgung der Muskelfasern führt. Dadurch nimmt auch die Empfindlichkeit des betroffenen Muskels zu und seine Leistungsfähigkeit nimmt ab. Durch die oben beschriebene Reaktion im umliegenden Gewebe können auch benachbarte Muskelregionen zu schmerzen beginnen, was im schlimmsten Falle zu einem Kaskadeneffekt führt, der den Schmerz immer weiter im Körper verteilt. Die dauerhafte erhöhte Muskelspannung führt auch dazu, dass du mehr Energie für die gleiche Performance verbrauchst, da der Muskel sowohl in Kraft als auch in Beweglichkeit eingeschränkt ist. Diese Effekte treten bereits in kleinem Maße bei Muskelüberlastung (die später zum Muskelkater werden) ein und werden einhergehend mit der Schwere der Verletzung schlimmer.

Indoor-Radsportanalyse durch Radfahrer auf Ergometer mit Druckmessung

Psychische Effekte von Schmerzen

Neben den körperlichen Faktoren haben Schmerzen auch psychische Effekte. Die meisten davon treten erst bei länger anhaltenden Schmerzen ein (siehe unten). Direkt mit dem Schmerz geht allerdings eine Reduktion deiner Konzentrationsfähigkeit einher – je schlimmer der Schmerz, desto stärker bist du abgelenkt. Auf dem Fahrrad heißt das: weniger Aufmerksamkeit im Straßenverkehr, schlechtere Konzentration beim Training und damit insgesamt ein höheres Unfallrisiko. Bei besonders starken Schmerzen können sogar Einschränkungen deiner kognitiven Fähigkeiten, wie ein Tunnelblick oder dumpfes Rauschen in den Ohren, auftreten. Wenn du solche Symptome erleidest, solltest du die Fahrt sofort unterbrechen und Hilfe suchen. 

Ein weiterer interessanter Effekt ist die zeitlich verschobene Schmerzwahrnehmung. Nach einem Sturz oder während des Radfahrens dämpfen Hormone die Schmerzempfindung. Daher spürt man oft die betroffenen Körperregionen – Hintern, Knie, Rücken – häufig erst nach dem Fahren. Daher sollten bekannte wie kritische Schmerzzonen schon präventiv angegangen werden, indem du ergonomisches Zubehör in der richtigen Einstellung fährst.

Fahrradgriff wird mit einem Schraubenschlüssel festgezogen.

Die Gefahren von Schmerzen

Neben der Tatsache, dass Schmerzen ein Alarmsignal sind, können sie selbst auch zum Problem werden, vor allem, wenn sie über lange Zeit ignoriert werden. Unbehandelte, oft auftretende Schmerzen – Knieschmerzen beim Radfahren zum Beispiel – können Spuren im zentralen Nervensystem hinterlassen, die zu einer krankhaften Veränderung der Signalverarbeitung führen können. Dein Gehirn lernt Schmerzen anders zu verarbeiten. Die Schmerzen werden chronisch und bleiben bestehen, selbst wenn die eigentliche Verletzung bereits ausgeheilt ist.  

Je nach individueller Veranlagung und Art des Schmerzes reichen mitunter wenige Wochen unter Schmerzen – dazu zählen auch regelmäßig auftretende Schmerzen, zum Beispiel Rückenschmerzen auf dem Rad –, um chronische Schmerzen auszulösen. Diese bringen eine ganze Reihe an Problemen mit sich. Chronische Schmerzen beeinträchtigen deinen Schlaf, erhöhen dein Stresslevel und können in extremen Fällen zu psychischen Problemen, Angstzuständen und Substanzmissbrauch führen – und sind dabei sehr schwer zu behandeln.

Frau sitzt auf Tourenrad. Nahaufnahme von hinten.

Was du gegen Schmerzen auf dem Fahrrad tun kannst

Egal, ob du zur Arbeit pendelst oder für den nächsten Triathlon trainierst – Schmerzen sollten nie eine akzeptable Option sein. Die richtigen Fahrradgriffe und ein entlastender Fahrradsattel helfen, mehr Performance und Fahrkomfort ohne Schmerzen zu gewährleisten. Auch solltest du dein Bike auf deine individuellen Maße und Bedürfnisse anpassen. Für mehr Informationen zur Ergonomie rund ums Bike, sieh dir die anderen Artikel in unserem Magazin an.

Frau und Mann fahren mit Fitnessbikes am Wasser entlang.

Der Effekt von Schmerzen – Fazit

Die Deutsche Schmerzgesellschaft erklärt es am besten: Es gibt keinen guten Schmerz. Schmerzen bringen dir beim Training keinen Vorteil und der Mythos von „No pain no gain“ ist genau das, ein Märchen. Der Mensch ist keine Maschine, sondern ein komplexes biologisches System, das du nicht konsequenzlos überlasten kannst. Mit Diskomfort und Schmerzen gibt dir dein Körper zu verstehen, dass etwas nicht in Ordnung ist, er will dich schützen. So wie es heißt „Kein Rauch ohne Feuer“ gilt auch „Kein Schmerz ohne Schaden“.

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