Ellenbogen schmerzen beim Radfahren – Ursachen und Maßnahmen

Viele Radfahrer*innen klagen über Schmerzen im Ellbogen. Wir zeigen Dir die besten Experten-Tipps dagegen!
Ellenbogen Schmerzen beim Radfahren
Wenn beim Radfahren Knie, Schenkel, Fuß oder Hüfte schmerzen, passt das zur beinlastigen Sportart. Aber Schmerzen im Ellenbogen und Unterarm, die bis in die Hände und Schulter ziehen können, lassen sich bei der eher passiven Haltearbeit auf dem Rad nicht so leicht erklären. Dabei ist der Anteil, den die Arme an der Gesamtleistung auf dem Rad leisten, nicht zu unterschätzen. Sie halten nicht nur den Lenker fest und korrigieren unablässig Kurs und Balance, sie sind auch hocheffektive Stoßdämpfer, und das nicht nur während harter Offroad-Einsätze zum Beispiel beim Mountainbiken.
Können Schmerzen im Ellenbogen auch andere Ursachen haben?
Das Ellbogen-Gelenk ist vereinfacht ein klassisches Scharnier. Durch das Eindrehen der Hände könnte man präziser von einem Dreh-Scharniergelenk sprechen. Die Fähigkeit, den Unterarm in sich zu rotieren, gehört streng genommen gar nicht zum Ellenbogen, sondern ist eine Art Zusatzfunktion, die in Ursprung und vor allem Schmerzsymptomatik direkt am Gelenk ansetzt. Um den Ellenbogen-Schmerzen speziell beim Radfahren auf die Spur zu kommen, muss man im Vorfeld diejenigen Gründe für die Beschwerden ausschließen, die aus dem Alltag herrühren, aber sich erst beim Sport auf dem Rad wirklich bemerkbar machen. Wer zum Beispiel viel mit der Computermaus arbeitet, viel tippt oder mit schwerem Gerät wie Bohrmaschine oder Presslufthammer zu tun hat, kann sehr schnell in eine mechanische Überlastung kommen. Wenn dann die Greifbelastung plus Vibrationen auf dem Rad dazu kommen, können Probleme am Ellenbogen auftreten. Arthrose oder andere rheumatische Erkrankungen sowie deutlich seltener klassische Knochen- oder Gelenkerkrankungen wie Osteoporose oder Gicht machen sich am Ellbogen recht früh bemerkbar. Neben dem Radfahren sind weitere Sportarten bekannt dafür, gerade die Ansätze der Sehnen, die für erwähnte Rotation im Unterarm zuständig sind, zu belasten. Der berühmte Tennisarm ist da das beste Beispiel oder der Golfer-Ellenbogen.
Der berühmte Tennisarm könnte genauso gut auch Mountainbike-Ellbogen heißen. Diese Entzündung am Ursprung der Finger-Streckmuskeln im Unterarm wird hier auch sehr regelmäßig diagnostiziert. Sie ist schmerzhaft, aber, wenn man sie direkt auskuriert, nicht ernsthaft gefährlich.

Wo liegen die Ursachen für chronische Ellenbogen-Schmerzen auf dem Rad?
Bewegt wird das Ellbogen-Gelenk durch Beuger (bizeps femoris) und Strecker (trizeps femoris) im Oberarm. Da der Beuger vergleichsweise wenig am Radfahren beteiligt ist, kommen auch Probleme fast nie auf dieser Gelenkseite vor. Der Trizeps dagegen muss alle Stützkräfte aufbringen und über den Ellenbogen in den Unterarm leiten. Eine Kniescheibe wie beim Pendant an den Beinen gibt es nicht. Am unteren Ansatz des Trizeps bildet ein großer Schleimbeutel den Umlenkpunkt, durch Zugluft oder ständiges Aufstützen der Ellbogen, auf einen Tisch zum Beispiel, kann dieser Schleimbeutel sich entzünden und stark vergrößern. Zumeist ist die aber keine Folge von zu vielem Radfahren, sondern eben eher von falschen Bewegungen im Alltag.
Weiter innen im Gelenk sind es eher die knorpligen Gelenkflächen, die durchs Fahrradfahren leiden können, insbesondere, wenn Radfahrer*innen fortwährend die Arme durchgedrückt lassen. Nur ein leicht gebeugter Ellenbogen kann die Wirkung eines Dämpfers ausüben, vergleichbar mit dem aus dem Sattel Gehen beim Überfahren von Hindernissen. Völlig gestreckt, wenn die Unter- und Oberarmknochen quasi senkrecht aufeinanderstehen, gehen Schläge vom Lenker direkt durch bis in den Nacken, Rücken und eben auch ins Ellbogen-Gelenk.
Die Ellenbogen beim Radfahren nie komplett durchzudrücken ist eine der obersten Grundsätze für gesundes und präventiv schmerz- und verletzungsfreies Radfahren – auch wenn die Haltung Komfort und Kraftersparnis verspricht!
Neben der „zum Einfedern bereiten“, angewinkelten Haltung kann man auch durch vorausschauendes Fahren die Ellbogen vor solchen harten Stößen und daraus resultierenden Beschwerden bewahren. Schlaglöcher, Wurzeln oder Bordsteine frühzeitig zu erkennen und sich fahrerisch darauf einzustellen, ist hier wichtiger als die korrekte Technik, diese zu überwinden. Idealerweise verlagert man sein Gewicht unmittelbar vor dem Kontakt des Vorderrades leicht Richtung Gesäß und macht den Trizeps-Muskel bewusst weich, als würde man den Lenker wie einen Ball geschmeidig abfangen. Je sportlicher die Fahrposition und je heftiger das Hindernis, desto weicher müssen die Arme sein. Natürlich dürfen die Hände nicht durchschlagen bis zum Oberkörper, vielmehr folgt dem Stoß ein sukzessives Abbremsen.
Von Bodenwellen zu Vibrationen
In die Überstreckung der Ellenbogen gerät man übrigens am ehesten durch eine nicht passende Geometrie oder ein schlecht eingestelltes Rad. Genauso wenig verträglich für den Ellbogen sind eine falsch justierte Lenkerhöhe oder falsch gewählte Lenkerbreite, unergonomische Fahrradgriffe und schlechte Position der Bremsgriffe. Weiter unten gibt unser Fachmann dazu Empfehlungen. Aber was passiert dabei im Unterarm und warum betrifft es vornehmlich den Ellenbogen?
Grund ist die Kombination aus Spannung gerade der Muskelansätze im Ellbogen und Vibration, die entsteht, wenn das Handgelenk fortwährend in einer unnatürlichen Pronationshaltung auf dem Lenker liegt. Unter Pronation versteht man die Rotation im Unterarm bis die Handflächen nach unten zeigen. Bei diesem Eindrehen wickeln sich vereinfacht ausgedrückt die Muskeln, die die Finger strecken und das Handgelenk zum Handrücken hin ziehen, diagonal um Elle und Speiche und sind dadurch auf Spannung. Ihr oberer Ansatzpunkt. Ursprung genannt, liegt an der Ellbogenaußenseite, genauer gesagt am epicondylus lateralis, der knöchernen Spitze auf der dem Körper abgewandten Seite des Ellbogens. Durch diesen dauerhaften Zug plus die Vibrationen aus dem Lenker reibt der Ansatz der Sehne heftig an diesem exponierten Knochen, was zu Entzündungen und Reizungen führen kann. Das gleiche kann theoretisch auch die Fingerbeuger auf der Unterarmunterseite sowie mit den innenliegenden epicondylus medialis betreffen, das kommt aber viel seltener vor. Nach einem sogenannten „Arm pump“ könnte das eine verspätete Folge sein. Darunter versteht man einen extrem schmerzhaften Effekt in den Unterarmmuskeln, wenn diese so hart gegen Erschütterungen im Lenker arbeiten müssen, dass sie sich mit ihrem eigenen Innendruck die Blutversorgung nehmen. Es fühlt sich ähnlich an wie ein Krampf, tatsächlich liegt der Ursprung aber eher in dem Druck gegen die Faszien, die die Muskeln der Hände beziehungsweise Finger umhüllen.

Was kann ich gegen die Schmerzen im Ellenbogen tun?
Da weder Unebenheiten auf der Straße noch die Vibrationen im Lenker komplett abzustellen sind, sollte man sich prophylaktisch, und erst recht, wenn einen schon Schmerzen im Ellbogen belasten, darauf konzentrieren, die beteiligten Strukturen auf dem Rad wie auch im Alltag zu entlasten. Wenig auf die Unterarme aufstützen und möglichst wenig mit nach unten gewendeten Handflächen arbeiten, das fällt nicht nur bei einem Büroarbeitsplatz schwer.
Auf dem Fahrrad sind es dann eine gute, ergonomische Hardware sowie eine optimale Sitzposition, die die Ellbogen und besonders deren epicondylen entlasten. Folgende Möglichkeiten hat man dabei:
Korrekter Lenkerabstand: Rahmenlänge, Vorbaulänge und Lenkerform bestimmen, wie weit die Griffe jeweils vom Nutzer oder der Nutzerin entfernt sind. Bei Schmerzen in den Ellenbogen ist diese Entfernung meist etwas groß, weshalb man zu völlig gestreckten Armen neigt. Die ideale Konfiguration ohne einen kostenintensiven Spezialisten findet man sehr leicht mit der Fitting Box von Ergon. Auch zu tief oder zu hoch eingestellte Lenkergriffe kann man damit gut entlarven.

Ein großes Problem für die Ellbogen sind Dauerbelastungen in immer gleicher Position. Deshalb ist es hilfreich, gerade auf Langstrecken regelmäßig den Winkel der Ellenbogen und die Rotation der Unterarme zu variieren. Die Handhaltung mit den Daumen nach oben beziehungsweise vorne wie an Barends oder den Bremsgriffen von Dropbars ist sogar die natürlichere. Ergonomische Griffe mit zusätzlichen Griffpositionen bringen an Flatbars Erleichterung. Die Bar Ends müssen dafür gar nicht lang sein, wobei unterschiedlich lange und gebogene Zusatzgriffe noch mehr Greifvarianten bieten. Unser Tipp sind die Ergon GT-Serie für Tourenfahrer*innen, alternativ die GP-Reihe mit flächigeren Formen und die GS-Serie für Mountainbiker*innen. Bei der Auswahl hilft der Ergon Gripselector.

Mechanische Belastung senken: Neben den Armen als Puffer und eventuellen Federgabeln kann auch ein Lenkergriff / Griffband die Impulse vom Lenker mindern. Fahrer*innen mit Dropbar können das Lenkerband dicker oder doppelt wickeln oder ein BT OrthoCell Pad Set von Ergon auf den Stützflächen platzieren. Vielleicht muss es auch nicht die steifste Lenker-Vorbau-Kombination am Markt sein, je nach Typ schlucken diese Fahrradparts ebenfalls kleine Schläge.
Bei flachen Lenkern empfehlen sich Griffe mit einer gedämpften Oberseite, die aber nicht rundum weich sind, da beim Ziehen an der Unterseite Kraft verloren geht. Außerdem ist es schwerer, einen rundum sehr soft aufgebauten Griff und damit das Bike zu kontrollieren. Schön ausgewogen sind die Ergon Griffe der GA-, GE-, GD- und GFR-Linie.

Vorausschauendes Fahren, bewusstes Annehmen von Schlägen aufs Vorderrad durch gut getimtes Entlasten des Lenkers sowie die ergonomische Positionierung der Ellenbogen sind sinnvolle Verhaltensregeln. Das bedeutet: An geraden Lenkern oder dem Oberlenker von Renn- oder Gravelbikes sollten die Ellbogen zumindest grob nach außen zeigen, nicht nach hinten. Mit den Händen an Bar Ends, den Bremsgriffen oder dem Rennbügel von Dropbars ist es genau andersherum. Faustregel ist, die Ellbogen zeigen grob in die Gegenrichtung der ausgestreckten Daumen und sind immer mindestens ein wenig gebeugt.

Kein neues Material für die Radreise: Wer ungewohnt lange unterwegs ist, sollte nicht übermotiviert unmittelbar vorher das Material tauschen und oder seine Sitzposition verändern. Ohne Zeit zur Umgewöhnung können in der neuen Position Muskeln verkrampfen und Gelenke Reizungen und Entzündungen bis hin zu Taubheitsgefühlen erleiden. Das gilt nicht nur für die Ellbogen, sondern auch für Nacken, Gesäß, Rücken, Knie und Hüfte.

Die Ausrichtung der Bremsen bzw. Bremshebel ist besonders beim Mountainbiken und Tourenfahren wichtig. Oft sieht man Bremshebel und Lenker auf horizontal gleichhoher Linie. Infolgedessen werden jedoch die Handgelenke nach oben abgewinkelt. Das ist nicht gut. Finger und Unterarm sollten auf einer Linie liegen, wenn man nach den Hebeln greift. Auch zu diesem Setup gibt es ein Tool sowie eine detaillierte Anleitung in der Ergon Fitting Box.

Wie behandle ich einen schmerzenden Ellenbogen?
In den allermeisten Fällen kommen die Schmerzen von entzündlichen Überbelastungen des Muskelansatzes wie beim berühmten Tennisarm. Wenn einem Wischen auf einer waagerechten Oberfläche außen am Ellbogen schmerzt, handelt es sich genau darum. Schnell ist man versucht Medikamente zu nehmen. Dieses sollte aber mit dem Arzt abgeklärt werden. Eine Ruhephase und Entlastung wirken auch schon oft Wunder.
Um zu verhindern, dass die Schmerzen nach der Pause zurückkommen, sollte man prophylaktisch zum einen die eigene Sitzposition akribisch überprüfen und zusätzlich leichte Kraftübungen für die Greifbewegungen sowie die Rotation im Unterarm machen. Zwei Beispiele:
- Binde ein kleines Gewicht bis 2 Kilogramm an eine Schnur, lege das Gewicht links neben einen Tisch und leite die Schnur auf die Tischplatte. Binde eine Schlaufe an ihrem Ende und hake den Daumen der rechten Hand ein, rücke nun mit der Hand auf dem Tisch so weit nach rechts, bis das Gewicht frei hängt. Rolle nun den rechten Unterarm so weit wie möglich nach rechts, bis der Handrücken aufliegt. Bei dieser Rotation zieht der Daumen das Gewicht nach oben, mache diese Übung so lange, bis der Unterarm brennt, wechsle die Seite.
- Befestige eine etwa eineinhalb Meter Schnur so mittig an einem Stab, dass dieser die Schnur um sich aufwickelt, wenn man ihn dreht. Binde ein kleines Gewicht ans andere Ende der Schnur, je nach körperlicher Konstitution zwischen 0,5 und 5 Kilogramm. Greife den Stab schulterbreit mit beide Händen und ausgestreckten Armen vor den Körper, rotiere nun durch wiederholtes abwechselndes Umgreifen den Stab und rolle damit die Schnur auf – das Gewicht hebt sich. Rolle die Schnur so mehrmals in beide Richtungen auf und langsam wieder ab.