Die VO2max ist ein wichtiger Indikator für die aerobe Leistungsfähigkeit eines Menschen und gibt an, wie viel Sauerstoff der Körper bei maximaler Belastung aufnehmen, transportieren und verbrauchen kann. Sie wird als Volumen an Sauerstoff pro Minute gemessen und stellt somit die maximale Sauerstoffaufnahme dar. Je höher die VO2max, desto besser ist das Herz-Kreislauf-System entwickelt, da der Körper in der Lage ist, mehr Sauerstoff zu den arbeitenden Muskeln zu transportieren und diesen dort auch effektiver zu nutzen. Dieser Wert ist besonders im Radsport und anderen Ausdauersportarten von Bedeutung, da die Fähigkeit, Sauerstoff zu verarbeiten, entscheidend für die Leistungsfähigkeit ist.

Was zeigt die VO2max an?

Die Qualität der Sauerstoffaufnahme, also die Verfügbarkeit von Sauerstoff, ist das zentrale Element bei Ausdauerleistungen - ohne Sauerstoff ist die Muskulatur nur wenige Sekunden arbeitsfähig. Der aerobe Energiestoffwechsel bestimmt also die Dauerleistungsfähigkeit im Radsport und allen anderen Disziplinen, in denen Ausdauer gefragt ist. Die VO2max, also die maximale Sauerstoffmenge, ist einer der wichtigsten Gradmesser zur Bewertung der aeroben Leistungsfähigkeit. Sie zeigt, wieviel Sauerstoff der Körper unter Belastung maximal aufnehmen und verwerten kann. Damit beinhaltet die VO2max viele physiologische Prozesse, die den Weg des Sauerstoffs unter Belastung beschreiben:

  • Aufnahmefähigkeit von Sauerstoff in der Lunge 
  • Transportkapazität des Sauerstoffs im Blut zur Muskulatur 
  • muskuläre Verwertung und Verstoffwechselung des Sauerstoffs in den Muskelzellen

Die VO2max zeigt also nicht nur an, wie viel Sauerstoff aufgenommen werden kann. Vielmehr zeigt dieser Wert wie gut das Herz-Kreislauf- und Atmungssystem sowie die Muskeln des Körpers zusammenarbeiten, um Sauerstoff aufzunehmen, zu transportieren und für den Stoffwechsel zu nutzen.  

Ausdauertraining, also auch Radsporttraining führt zu Anpassungsprozessen des Herz-Kreislauf-Systems, also zu einem höheren Funktionsniveau der Organe und Prozesse. Die Gesamtheit dieser Prozesse drückt sich letztlich im VO2max Wert aus. Je höher der Wert, umso größer ist die aerobe Kapazität der Radsportler*innen. Die Ausdauerleistungen können somit auf einem höheren Belastungsniveau über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden.

Zwei Rennradfahrer fahren bei Sonnenuntergang auf einer Landstraße

Wofür steht die Abkürzung VO2max?

Die Abkürzung VO2max setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen: 

  • V steht für das Volumen, also die Menge an Sauerstoff. 
  • O2 ist das chemische Symbol für Sauerstoff, beziehungsweise für die Verbindung aus zwei Sauerstoff-Atomen. 
  • max zeigt an, dass es sich eben um die maximale Kapazität handelt. 

 

Zusammen steht VO2max also für das maximale Sauerstoffvolumen, das während intensiver Belastung vom Körper verarbeitet werden kann.

Frau auf Indoor Cycling Rad

Was ist der Unterschied zwischen VO2max und relativer VO2max?

Die VO2max kann sowohl als absoluter Wert als auch als relativer Wert in Bezug auf Gewicht und Körpermasse von Radfahrern und Radfahrerinnen angegeben werden: 

Absolute VO2max: 
Dieser Wert wird in Litern pro Minute (L/min) angegeben und zeigt die gesamte Sauerstoffaufnahme des Körpers. Er ist besonders nützlich, um die aerobe Kapazität einer Person zu verstehen, wird jedoch nicht direkt auf das Körpergewicht bezogen. 

Relative VO2max: 
Dieser Wert wird in Millilitern pro Minute und pro Kilogramm Körpergewicht (ml/min/kg) angegeben. Der relative Wert ist nützlich, um Vergleiche zwischen Personen mit unterschiedlichem Körpergewicht anzustellen. Beispielsweise hat eine kleinere, leichtere Person möglicherweise eine höhere relative VO2max als eine größere, schwerere Person, selbst wenn die absolute VO2max der größeren Person höher ist. 

Durch die relative VO2max wird der Wert also auf das Körpergewicht bezogen, was besonders bei Sportarten wie Radfahren, aber auch bei anderen Ausdauersportarten, wichtig ist, da das Körpergewicht eine wichtige Rolle bei der Leistungsfähigkeit spielt.  

Nun zeigen heute viele moderne Sportuhren die VO2max an. Aber Vorsicht, die Zahl, die oftmals darauf zu sehen ist, beschreibt eben die relative VO2max, weil mit diesem Wert die Vergleichbarkeit zu anderen Messzeiträumen und auch zu anderen Sportler*innen gewährleistet wird.

Mann sitzt auf Indoor Cycling Rad.

Was ist ein guter Wert für Frauen und Männer untrainiert?

Die VO2max-Werte können stark variieren, je nach Alter, Geschlecht und genetischer Veranlagung. Für untrainierte Personen gibt es allgemeine Durchschnittswerte: 

  • Frauen: Die durchschnittliche VO2max für untrainierte Frauen liegt bei etwa 27–35 ml/min/kg. 
  • Männer: Die durchschnittliche VO2max für untrainierte Männer liegt bei etwa 35–40 ml/min/kg. 

Diese Werte sind nur Richtwerte und können je nach Alter und anderen Faktoren schwanken. Im Allgemeinen haben Männer höhere VO2max-Werte als Frauen, da Männer von Natur aus tendenziell mehr Muskelmasse und ein größeres Herzvolumen haben.

Durch Training können Radsportler*innen ihre VO2max deutlich verbessern. Für trainierte Sportler*innen gelten folgende VO2max-Werte als gut: 

  • Frauen: Im Bereich des Radsports wird eine VO2max von etwa 50–60  ml/min/kg als gut angesehen. Sehr gut trainierte, weibliche Radprofis können Werte über 60 ml/min/kg erreichen, die Weltspitze sogar noch mehr. 
  • Männer: Bei männlichen Radfahrern gelten Werte von 60–70 ml/min/kg als gut. Profi-Radsportler erreichen oft Werte über 70 ml/min/kg und manchmal sogar über 80 ml/min/kg. Tadej Pogačar, der im Jahr 2024 die Tour de France, den Giro d’Italia und das Weltmeiterschafts-Straßenrennen gewann, kommt auf fast 90ml/min/kg.  

Es ist zu beachten, dass diese Werte genannten Werte für Frauen und Männer auch ach individuellen Faktoren variieren können. Grundsätzlich gilt aber: Je höher die VO2max, desto größer die aerobe Kapazität und somit die potenzielle Ausdauerleistungsfähigkeit.

Wie wird die VO2max berechnet?

Die VO2max berechnet sich durch die Formel VO2max = HMV x AVO2D. Was auf den ersten Blick sehr kompliziert aussieht, lässt sich wie folgt und relativ einfach verständlich entschlüsseln: Das Herz-Minuten-Volumen (HMV) gibt an, wieviel Blut pro Minute durch den Kreislauf gepumpt wird. HMV ist das Produkt aus der Herzfrequenz (HF) pro Minute und des Schlagvolumens (SV), also der Menge an Blut, die pro Herzschlag befördert wird. Also: HMV = HF x SV. So weit, so gut. Was ist nun die AVO2D? Dieses Kürzel steht für die arterio-venöse Sauerstoff-Differenz. Auch dieser, kompliziert klingende, Begriff lässt sich leicht entschlüsseln: Das sauerstoffreiche Blut gelangt durch die Arterien zur Muskulatur. Dort wird der Sauerstoff in den Muskelzellen verstoffwechselt. Das, sozusagen verbrauchte, nun sauerstoffarme Blut fließt dann in den Venen zurück. Die AVO2D zeigt an, wie gut der Körper in der Lage ist, den Sauerstoff im Blut zu binden, zu transportieren und in den Mitochondrien (die Kraftwerke der Muskelzellen) umzusetzen. Je größer der Unterschied zwischen Blut mit hohem Sauerstoffgehelt und sauerstoff-armen Blut, umso besser die Ausnutzung des vorhandenen O2-Potenzials, umso größer die arterio-venöse Differenz. Für die oben genannte VO2max-Formel heißt das: je höher die Herzfrequenz, das Schlagvolumen und die arterio-venöse Sauerstoff-Differenz, desto größer das VO2max. Diese Maximalwerte werden folglich unter Ausbelastung erreicht. Die genaue VO2max lässt sich am besten mit speziellen Tests unter Laborbedingungen messen.

Indoor-Radsportanalyse durch Radfahrer auf Ergometer mit Druckmessung

Mit welcher Methode wird die VO2max gemessen?

Wie schon erwähnt zeigen heute viele Sportuhren die VO2max an. Diese Anzeigen beruhen indes nur auf Messungen der Herzfrequenz und der sogenannten Herzfrequenzvariabilität, und bilden somit nur ein ungefähres Bild der VO2max ab. Die genaue Messung der VO2max erfolgt in der Regel unter Laborbedingungen durch eine Leistungsdiagnostik mittels Belastungstest, wie beispielsweise einen Fahrrad-Ergometertest. Dabei wird die Belastung schrittweise erhöht, bis die Person die maximale Anstrengung erreicht hat. Während des Tests wird der Sauerstoffverbrauch mittels Atemmaske gemessen, indem der Unterschied zwischen eingeatmetem Sauerstoff und ausgeatmetem Kohlenstoffdioxid analysiert wird. Dazu werden kontinuierlich die Herzfrequenz, die Atemfrequenz und die Leistung aufgezeichnet. Ein solcher Test liefert präzise Ergebnisse und ermöglicht es, die VO2max genau zu bestimmen. Über die Messung der VO2max hinaus können bei einem solchen Stufentest auch noch die Laktaktwerte mit kleinsten Blutproben aus dem Ohrläppchen festgestellt werden. Zusammen mit allen gewonnenen Daten können dann Aussagen über den aeroben und anaeroben Energiestoffwechsel, Leistungsschwellen und weitere physiologische Belastungsparameter getroffen werden. Dadurch ist eine genaue Bestimmung der individuellen Trainingsbereiche für das Radfahren oder Laufen möglich.

Radfahrerin beim Ergometertest im Labor

Wie können Radsportler*innen die VO2max verbessern?

Es gibt nicht den einen richtigen Weg, die VO2max im Training zu verbessern. Vielmehr ist es wohl die richtige Kombination von Trainingseinheiten der verschiedenen Trainingszonen. Die VO2max wird letztlich immer trainiert, wenn genug Sauerstoff umgesetzt wird – also der Reiz auf die Zellen groß genug ist. Das bedeutet, dass das Training der VO₂max abhängig von Dauer und Intensität der Einheit ist. Lange und niedrigintensive Radeinheiten können genauso einen geeigneten Reiz setzen und die Bildung von Mitochondrien anregen wie Intervalle an oder oberhalb der anaeroben Schwelle.  

Betrachten wir die weitverbreitete und ebenso beliebte Radsport-Trainingsplattform Zwift, so finden VO2max-Fans viele Einheiten, in denen nach rund 15 Minuten Aufwärmprogramm zumeist sehr kurze und sehr harte Intervalle, die deutlich über dem FTP (Functional Threshold Power) liegen, gefahren werden sollen, bevor man am Ende des Trainings ein Cooldown absolviert.  

Folgende Beispiele (ohne Aufwärmen und Cooldown) haben wir zur Orientierung für interessierte Radfahrer*innen gefunden:  

  1. Klassische 5 x 5 Minuten Intervalle: 
    5 Minuten bei 105-110 % FTP; 5 Minuten Erholungs-Pausen, also nur 50 % FTP. 8 Wiederholungen. 
  2. 30/30 Wiederholungen: 
    30 Sekunden bei 120-130 % FTP; 30 Sekunden Erholung bei 50 % FTP. 10 Wiederholungen. 3 Sätze, also 3 x 10 Wiederholungen. 
  3. Tabata-Intervalle (sehr intensiv): 
    20 Sekunden bei 130-150 % FTP bei nur 10 Sekunden Erholung zwischen den Intervallen. 8 Intervalle pro Satz, 4 Sätze insgesamt, mit jeweils 4 Minuten lockerer Erholung zwischen den Sätzen. 
  4. 2-Minuten VO₂max-Ramp-Up: 
    2 Minuten bei 100 % FTP beginnen und die Leistung alle 30 Sekunden um 5 % FTP steigern, bis 120 % erreicht ist. 2 Minuten lockere Erholung bei 50 % FTP. 6 bis 8 Wiederholungen. 
  5. 4 x 8 Minuten Schwellenintervalle: 
    8 Minuten bei 105-110 % FTP. Zwischen den Intervallen 4 Minuten Pause bei 50 % FTP. 

Die hier aufgezeigten Workouts sind nur als Beispiele zu sehen und teilweise sehr intensiv. Sie sollten nur von Radsportler*innen mit einem guten Fitness-Niveau durchgeführt werden. Eine Aufwärm- und Cooldown-Phase ist wichtig, um Verletzungen zu vermeiden. Für Anfänger*innen kann es ratsam sein, die Intervalldauer oder -intensität anzupassen.

Frau auf Rennrad vor Sonnenuntergang

Fazit

Die VO2max ist ein wesentlicher Indikator für die aerobe Leistungsfähigkeit und Ausdauer von Radsportler*innen und anderen Ausdauersportler*innen. Sie zeigt, wie effektiv der Körper bei maximaler Belastung Sauerstoff aufnehmen und nutzen kann. Sowohl die absolute als auch die relative VO2max sind wertvolle Messgrößen, wobei letztere den Vergleich mit Sportler*innen anderer „Gewichtsklassen“ ermöglicht. Gute VO2max-Werte können bei trainierten Sportler*innen stark variieren und sind abhängig vom Geschlecht, Trainingszustand und der spezifischen Sportart. Die VO2max wird meist unter Laborbedingungen mit speziellen Tests gemessen, kann aber auch durch Berechnungen grob abgeschätzt werden.

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