Transformation zum Biker – Wie verändert sich der Körper durch Radfahren?

Wie verändert sich der Körper durch Rad fahren – Was durch regelmäßiges Radfahren mit deinem Körper passiert, zeigen wir dir hier!
Wie verändert sich der Körper durch Radfahren?
Albert Einstein sagte beziehungsweise schrieb einmal: „Das Leben ist wie Rad fahren. Um das Gleichgewicht zu halten, musst du in Bewegung bleiben.“ Dass er damit nicht nur philosophisch, sondern auch medizinisch goldrichtig lag, zeigen etliche Studien zu körperlichen und geistigen Veränderungen durch regelmäßiges Radfahren. Grundsätzlich hat jede Form von Bewegung ihre positive Auswirkung auf die Verfassung eines Menschen. Besonders Sportarten im Bereich Ausdauer schlagen sich messbar positiv auf die Leistungsfähigkeit nieder, auch die im Alltag. Das Fahrrad nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern Radeln als Ausdauersportart eignet sich besonders, um Herz und Kreislauf zu trainieren, um Kalorien zu verbrennen und um die Aufnahme von Sauerstoff und die Durchblutung zu verbessern. Überdies fördert Radfahren den Muskelaufbau, ohne negative Effekte auf die Gelenke zu haben, und es erhöht die Energiebereitstellung für Körper, Muskeln und Gehirn. Letztlich hilft es uns, den Bewegungsmangel unseres modernen Lebens zu kompensieren.
Fahrradfahren im Vergleich zu anderen Sportarten
Die oben genannten Vorteile bringt nicht nur das Fahrradfahren, sondern haben auch andere Sportarten. Beim Skilanglauf trainierst du sogar mehr Muskelgruppen als auf dem Rad, der Kalorienverbrauch pro Stunde ist höher und man schont Wirbelsäule, Hüfte und Knie im Vergleich zum Joggen zum Beispiel. Aber wer hat schon brauchbare Loipen vor der Tür und wie oft im Jahr? Auch Schwimmen ist eine schonende Art, Oberkörper und Beine zu trainieren, ohne, dass das eigene Gewicht eine Rolle spielt. Durch die waagerechte Lage im Wasser entlastet man das Herz und nutzt eher die Trainingseffekte im niedrigeren Pulsbereich, aber mehrere Stunden im Wasser sind unrealistisch. Es gibt sicher viele Sportarten, die auf die eine oder andere Weise stärkere Effekte auf Geist und Körper haben, aber das Radfahren vereint wie keine andere alle diese Benefits, ist gleichzeitig extrem schonend für den Bewegungsapparat und durch Schaltung und Motor kann man die Intensität gezielt steuern. So lange Rad, Sitzposition, Fahrradsattel und Lenker beziehungsweise Fahrradgriffe passen, kann man Radfahren über sehr lange Zeit ausüben, das macht es zur Ausdauersportart Nummer eins. Zu den Themen Bikefitting und Probleme beim Sitzen und Stützen auf dem Rad gibt es unten hilfreiche Videos.

Offensichtliche und versteckte Trainingseffekte
Schaut man sich professionelle Radfahrer an, fallen körperliche Veränderungen durchs regelmäßige und lange Radfahren sofort ins Auge. Bei ihnen addieren sich hohe Intensitäten mit sehr langen Belastungen zu außerordentlichen Kalorienbilanzen. Bis zu 10.000 Kilokalorien am Tag braucht ein Profi an besonders anstrengenden Tagen. Die offensichtliche Folge ist ein fast fettfreier Körper und eine ausgeprägte, definierte Muskulatur an Beinen und Rumpf. Noch bemerkenswerter sind die innerlichen Veränderungen durchs Radfahren. Der Herzmuskel ist zum Teil um die Hälfte größer als zu Beginn der Trainingsmaßnahmen und pumpt dementsprechend pro Kontraktion mehr Blut durch den Körper. Außerdem sind die Blutgefäße eines Profi-Radfahrers weiter und stärker verästelt. Profis haben überdies mehr Blut im Körper, können damit mehr Sauerstoff transportieren und die Stoffwechselrate ist deutlich höher als bei Untrainierten. Das heißt, die Energiebereitstellung in den Zellkraftwerken ist um einiges höher und effizienter. Aber wie verändert sich der Körper beim Radfahren, wenn man nicht auf professionellem Niveau radelt?
Hohe Kalorienbilanz:
Radfahren im lockeren Ausdauerbereich* benötigt weniger Kalorien als andere Sportarten mit ganzkörperlichem Einsatz in der gleichen Zeit. Weil das eigene Körpergewicht aber auf dem Fahrradsattel und den Fahrradgriffen ruht und man die Intensität besser steuern kann, sind deutlich längere Einheiten möglich als in den meisten anderen Sportarten. In der Gesamtbilanz kann man auf dem Rad also mehr Energie verbrauchen. Deshalb ist Radfahren ideal, um Gewicht zu verlieren, besonders beim Einstieg mit hohem Körpergewicht.
* Unter Ausdauersport oder Belastung im Ausdauer-Bereich versteht man körperliche Anstrengung, die ohne Sauerstoffunterversorgung zustande kommt, bei der also die Atemfrequenz nicht bis kaum erhöht werden muss. Eine Faustformel zur Berechnung der idealen Herzfrequenz fürs Ausdauertraining bei Gesunden ist: 220 minus Lebensalter mal 70 %.

Verbesserung der Herzleistung:
Regelmäßiges Radfahren lässt den Herzmuskel wachsen, außerdem bilden sich neue oder größere Blutgefäße darin. Pro Schlag pumpt das Herz mehr Blut durch den Körper, das versorgt diesen nicht nur mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen, der ruhigere Schlag entlastet das Herz und senkt damit dessen Anfälligkeit. Die bessere Durchblutung des Herzmuskels ist ein wirksamer Schutz gegen Infarkte.

Höherer Vitamin D-Haushalt:
Ein angenehmer Nebeneffekt von einer Stunde Rad fahren ist die Bildung von Vitamin D, für deren Prozess das Sonnenlicht, genauer der UV-B Anteil, ein entscheidender Faktor ist. Je nach Jahreszeit und Ort auf dem Erdball reicht eine halbe bis ganze Stunde an der frischen Luft schon aus, um durch Vitamin D-Mangel indizierte Probleme an inneren Organen, den Knochen oder mit dem Immunsystem zu verhindern. Man muss der Sonne aber auch etwas Fläche anbieten – 15 bis 20 Prozent sollten unbedeckt sein, das entspricht Gesicht, Armen und Dekolleté ohne Sonnenschutzcreme. Leichte Bewegung wie Radfahren pusht gleichzeitig die Stoffwechselrate und damit den Effekt.

„Körperlich aktiv zu sein ist also bis ins hohe Alter ein echter Booster für unsere Gehirnleistung und kann sogar dazu beitragen, dass bei einer degenerativen Erkrankung wie Alzheimer Gehirnfunktionen länger erhalten bleiben.“
Verbesserte Sauerstoffaufnahme:
Neben der höheren Schlagleistung des Herzens (s.o.) gibt es weitere Faktoren, die bei regelmäßigem Radfahren die Aufnahme von Sauerstoff inklusive dem Transport in die Zellen begünstigen. Lungenvolumen und Oberfläche der Lungenbläschen können sich vergrößern, so kann schneller mehr Sauerstoff aus der Atemluft ins Blut diffundieren. Die Blutmenge wird erhöht und damit auch die Anzahl der Erythrozyten, Blutbestandteile, die den Sauerstoff beim Transport an sich binden. Bessere Durchblutung (s.u.) sowie mehr und effizienter arbeitende Mitochondrien, sie setzen den Sauerstoff mit der Nahrung in Energie um, gehören ebenfalls zur Verbesserung dieser Energiegewinnungskette. Eine bessere Sauerstoffaufnahme erhöht nicht nur die sportliche Leistungsfähigkeit, sie lässt einen Belastungen im Alltag besser verkraften, weil die dauerhafte Energiebereitstellung schon bei niedrigerem Puls stattfindet. Das Leben wird leichter.

Verbesserter Schlaf:
Eine Ausdauerbelastung in der Natur sorgt gleich vierfach für besseren Schlaf. Durch die moderate Intensität werden schon während der Tour Stresshormone – vor allem Cortisol – abgebaut oder „in Balance gebracht“, wie Dr. Ingo Froböse von der Sporthochschule Köln der Frankfurter Rundschau sagte. Auf die körperliche Belastung folge dann eine Entspannung, so Froböse, die wirke gleichzeitig auch gegen Stress und Ängste. Dazu kommt eine bewiesen entspannende Wirkung der Natur auf das zentrale Nervensystem, und was bringt einen besser in die Natur als ein Rad? Als dritter Faktor lassen uns die durch Sport ausgeschütteten Glückshormone (s.u.) sowie als viertes die körperliche Ermüdung selbst schneller und tiefer schlafen.

Kräftigung der unteren Extremitäten:
Besonders Bewegungsmuffel werden schnell eine Veränderung der Beinmuskulatur durch regelmäßiges Pedalieren feststellen. Jeder einzelne Tritt ist zwar nicht so kraftaufwendig, dass ein Muskelaufbau wie beim intensiven Krafttraining stattfindet, dafür werden bei Ausdauerbelastung durch viele tausend Anspannungen alle Muskelfasern vielfach angesprochen. Die an Hüfte, Knie und Sprunggelenk ansetzenden Muskelgruppen zeigen als Trainingseffekt einen deutlich höheren Muskeltonus, eine höhere Grundspannung, die zum einen die Haltung insgesamt verbessert und die entsprechenden Gelenke gegen Verletzungen schützt. Bei Einsteigern findet auch ein Wachstum der Muskelzellen nach einigen Wochen statt, bei Sportler*innen ist dafür ein Trainingsprogramm mit speziellen Kraftreizen durch übertrieben große, also schwere Gänge nötig. Hauptsächlich kräftigt Radfahren die Gesäßmuskeln, den vorderen Oberschenkel namens Quadrizeps und die Waden.

„Man hört nicht auf zu Pedalieren, wenn man alt wird. Man wird alt, wenn man aufhört zu Pedalieren.“
Insulinhaushalt / Diabetes-Schutz:
Der hohe Energieverbrauch beim Radeln hat außer auf der Waage den positiven Effekt, dass der Blutzucker deutlich absinkt. Das ist per se noch nichts Positives. Der bei der nächsten Nahrungsaufnahme startende Regelprozess aus Blutzuckerspiegel und Insulin, dem Hormon, das im Blut verfügbare Zuckermoleküle zum Verbrennen in die Zellen schleust, muss aber genauso trainiert werden, wie ein Muskel. Durch ein Überangebot an Kohlenhydraten in der Ernährung und zu wenig Bewegung, also Verbrauch, sind bei vielen Menschen beide Werte durchgehend hoch. Das begünstigt nicht nur Diabetes mellitus Typ 2, sondern auch Fettleibigkeit. Durch längeres Radfahren hält man den Regelmechanismus am Leben und vermeidet so Stoffwechselkrankheiten.

Weniger Krampfadern und Thrombosen:
Jeder Tritt beim Radfahren verläuft durch den Fuß ins Pedal hinein, dabei muss die Wadenmuskulatur ausreichend Haltearbeit leisten, damit die Fußspitze nicht stetig nach oben gebeugt wird. Diese kontinuierliche Anstrengung kräftigt die Wadenmuskeln, die wiederum im Alltag einen großen Beitrag zum Blutkreislauf leisten. Durch ihre Kontraktion wird Druck auf die sie durchlaufenden Blutgefäße ausgeübt, in denen Ventile namens Venenklappen den Rückfluss von Blut verhindern. Die Wadenmuskeln pumpen also bei jeder Anspannung Blut Richtung Herz. Deshalb fallen Menschen, die lange mit inaktiven Waden auf der Stelle stehen, oft in Ohnmacht. Auf dem Rad gekräftigte Wadenmuskeln helfen also dem Herzen bei seiner Arbeit, außerdem verhindert diese Muskelpumpe, dass die Venenklappen durch Blutstau mit der Zeit ihren Dienst versagen – und dann Krampfadern entstehen.

Ganztägig volle Energiespeicher:
Was im Wettkampf funktioniert, hat auch guten Einfluss auf den Alltag. Regelmäßiges Radfahren über mehr als eine Stunde – übrigens auch mit dem Pedelec – veranlasst den Körper, den dann leeren Energiespeichern mit einer Vergrößerung deren Kapazitäten zu begegnen. Das betrifft hauptsächlich die Speicher für jegliche Formen von Zuckern, zum Beispiel in den Muskeln oder in der Leber. Diese teils deutlich größeren Reserven helfen, auch nach Stunden ohne Nahrung noch konzentriert denken und körperlich arbeiten zu können. Die Glykogen-Depots puffern sozusagen Phasen ohne Nahrungsaufnahme ab. Gerade für das Gehirn ist das wichtig, es verstoffwechselt im Gegensatz zu den Muskeln erst bei deutlichem Glukosemangel auch Abbauprodukte der Fette. Deshalb bezeichnet man Süßigkeiten gern als Nervennahrung, neuronale Aktivität setzt vornehmlich auf Zucker. Dieser Trainingseffekt tritt bei häufigem Widerholen recht schnell auf.

Prävention von Demenz-Erkrankungen:
In der „DenkSport“- Studie der Sporthochschule Köln wurden eindeutige Verbesserungen der kognitiven Leistungen von Senioren gemessen, die mindesten zweimal pro Woche für 30 Minuten oder mehr Ausdauersport betrieben haben. Studien aus Dänemark zeigten sogar leichte Rückgänge von Demenz durch Bewegung. Die regt wohl eine Hormonausschüttung an, die wiederum für die Bildung neuer Synapsen und Nervenverbindungen verantwortlich ist. Wie spürbar der Effekt ist, hängt direkt mit der Länge und Häufigkeit der Bewegung zusammen, nicht mit der Intensität. Radfahren ist über Stunden unbedenklich für Muskeln, Knochen sowie Gelenke und die Anstrengung kann man gut auf einem niedrigen Level halten. Daher bietet sich Radfahren als Reha- und Präventionsmethode für das Gehirn an.

„Wer glaubt, keine Zeit für körperliche Fitness zu haben, wird früher oder später Zeit zum Kranksein haben müssen.“
Radfahren macht glücklich:
Es ändert sich nicht nur der Körper durchs Radfahren, auch die Stimmung steigt. Nach jeder Tour werden Glückshormone ausgeschüttet, einmal wegen des Erfolgserlebnisses, die Strecke auch beendet zu haben, aber auch wegen der Bewegung an sich. Laut ADFC hat gerade das monotone, zyklische Pedalieren beim Radfahren eine entstressende Wirkung. Nach dreißig Minuten setze dazu die Ausschüttung von Endorphinen und Adrenalin ein, Hormone, die für gute und glückliche Stimmung verantwortlich sind. Gesteigert wird deren Ausschüttung zusätzlich, wenn man sich erreichbare Ziele und Aufgaben setzt, wie das Überqueren eines Berges oder Erreichen einer bestimmten Kilometer-Leistung. Das geht so weit, dass Radfahren als favorisierter Ausdauersport sogar gegen Depressionen eingesetzt wird.

„Fachleute schreiben dem Radfahren aufgrund seiner gleichmäßigen, zyklischen Bewegungsform eine hohe entspannende Wirkung zu: Es werden sogenannte Stressoren abgebaut – eine emotionale Harmonie und ein positives Körpergefühl breiten sich aus, manchmal sogar schon nach kurzer Fahrt.“
Der Ausdauersport für Jedermann
Zu behaupten, Radfahren wäre die beste unter den Ausdauersportarten, ist unfair. Aber es ist die Disziplin mit dem größten Potenzial für Jedermann. Wenn das Material und die Route passen, kann fast jeder Mensch über vielen Stunden pro Woche Spaß auf dem Rad haben. Für die allermeisten guten Effekte ist es übrigens nicht von Bedeutung, ob man ein klassisches Fahrrad oder ein Pedelec benutzt.
Dr. Ingo Froböse von der DSHS Köln empfiehlt grundsätzlich niedrige Belastungen, besonders bei Einsteigern. Man solle laut dem Experten eher das Gefühl der Unterforderung spüren. Wieder ein Vorteil fürs Rad: Durch das Sitzen im Sattel und das dosierte, kontinuierliche in die Pedale Treten sind solche unterschwelligen Trainingsreize deutlich länger zu realisieren als beim Joggen zum Beispiel. Auf einem gut eingestellten Rad mit ergonomisch passenden Kontaktstellen wie Sattel und Griffe sollte jeder gesunde Mensch eineinhalb bis drei Stunden locker fahren können. Und glaubt man den Zitaten und Experten oben, ist das sehr gut investierte Zeit.