Beyond the Record

Die Ergon-Athletin Annie Ford hat auf dem Downhill Track des Coronet Peak in New Zealand einen neuen Guiness Rekord aufgestellt. Binnen 24 Stunden fuhr sie 55.727 negative Höhenmeter – über 15.000 Meter mehr als der bis dato geltende Rekord. 
Ergon traf sich mit ihr zum Interview.

Ergon ANNIE FORD

"Ich habe die Griffe durch die Hölle geschickt, und sie haben es super mitgemacht."

Ergon: Annie, du hast vor wenigen Wochen einen neuen 24-Stunden-Downhill-Weltrekord aufgestellt. Wie bist du auf die Idee gekommen, die Projekt anzugehen?

Annie Ford: Vor einigen Jahren habe ich bereits den Mountainbike-Uphill-Rekord aufgestellt. Ein paar Tage später haben Rhys Ellis und Simon French, gute Freunde von mir, einen 24-Stunden-Downhill Ride im Maydena Bike Park in Tasmanien veranstaltet, um Geld für einen wohltätigen Zweck zu sammeln. Das hat mich auf die Idee gebracht, und ich habe ein wenig recherchiert. Der Downhill-Rekord lag bei rund 40.000 Metern, aufgestellt von ein paar Gentlemen in Europa. Einen weiblichen Rekord gab es gar nicht. Das hat mich inspiriert und ich dachte: Das probiere ich!

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Ergon: Die meisten Biker werden Coronet Peak nicht kennen. Kannst du uns über das Terrain dort erzählen?

Annie Ford: Coronet Peak ist ein 1.200 Meter hoher Berg nahe Queenstown in Neuseeland. Dort finden sich einige der besten Trails der Welt. Ich habe meinen Rekord auf dem Coronet Downhill Track bestritten, auf dem auch das National Downhill Race abgehalten wird. Von dort überblickt man das gesamte Wakatipu-Becken. Es ist einer der schönsten Plätze der Erde und somit natürlich auch ein fantastischer Ort, um 24 Stunden auf dem Bike zu sitzen.

Ergon: Wie hast du dich auf diese enorme Herausforderung vorbereitet?

Annie Ford: Es brauchte drei bis vier Monate an intensivem körperlichem und psychischem Training. Ich bin jeden Tag gefahren – zwischen 15.000 und 20.000 negative Höhenmeter jede Woche. Dazu kamen ein paar große Tage, an denen ich gut ein Drittel des bestehenden Rekordes am Stück absolviert habe. Zusätzlich bin ich drei Tage jede Woche fürs Kraft- und Resistenztraining ins Fitnessstudio gegangen. Da lag der Fokus auf den Armen, den Beinen und dem Rücken.

Ergon: Der Armpump muss die Hölle gewesen sein.

Annie Ford: Egal wie gut du dich vorbereitest, der Armpump ist immer das Schlimmste. Die meisten anderen Schmerzen kommen und gehen, aber Armpump eskaliert. Ich wusste, was mich erwartet, daher war es Teil meines psychischen Trainings. Es ist wichtig, eine positive Attitüde zu haben, wenn der Schmerz einsetzt.

Annie Ford Strecke

Ergon: Du warst während der 24 Stunden nicht allein. Erzähl uns über das Team, das dich begleitet hat.

Annie Ford: Die Menschen, die mich an dem Tag begleitet haben, waren klasse. Queenstown ist ein Schmelztiegel einiger der talentiertesten Profis unseres Sports. Ich wurde von Masseuren, Trainern und Ärzten begleitet. Praktisch bei jeder Runde hatte ich jemanden an meiner Seite, der mir während der Fahrt mit dem Sessellift geholfen hat, den Druck auf die Faszien in den Armen zu reduzieren.

Ergon: Was war die größte Herausforderung in den 24 Stunden, welche Körperteile haben am meisten gelitten?

Annie Ford: Ganz klar meine Arme und Hände. Ich wusste, dass das der schwierigste Teil sein würde, weswegen wir sehr viel Zeit in das Setup des Bikes gesteckt haben: Griffe, Lenker, Gabel und Federung – das Rad war ein absoluter Traum. Allerdings hatten wir in der Nacht Probleme mit Nebel, der uns gebremst hat, was den Ride deutlich rauer gemacht hat. Die Bremsscheiben und -beläge nutzten sich schneller ab als gedacht. Der Boden war leicht feucht, was die Erde kiesig und klebrig gemacht hat.

Ergon: War Müdigkeit ein Problem?  

Annie Ford: Sich 24 Stunden lang auf die drei Meter vor deinem Lenker zu konzentrieren, bei Tag, bei Nacht, das kostet wirklich Energie. Ich habe ab Mitternacht alle 45 Minuten Koffein zu mir genommen, um konzentriert und wach zu bleiben. Wenn du ins Rutschen gerätst oder stürzt, wenn du dir die Hand verletzt, dann ist der Rekordversuch vorbei. Und wenn dich dann noch mehr als 40 Menschen unterstützen und Coronet Peak den Sessellift extra für dich am Laufen hält, dann stehst du mächtig unter Druck. 

Ergon: Dein Mountainbike war auch mit zwei Ergon-Komponenten ausgerüstet, den GDH Team Griffen und einem SM Enduro Sattel. Haben sie bei deinem Rekordversuch geholfen?

„Der Ergon Enduro Sattel war die perfekte Option für den Downhill-Rekord.“
Annie Ford

Annie Ford: Ja absolut. Es war ein harter Tag für das Equipment. Ich bin einen Ergon Enduro Sattel anstatt eines Downhill-Sattels gefahren, weil ich mich immer wieder setzen musste, um die Beine zu entlasten. Zu groß durfte er aber nicht sein, weil man sich trotzdem ständig auf dem Sattel bewegt. Da war die Enduro-Option perfekt für den Downhill-Rekord. Der Sattel war ein echter Lebensretter, vor allem wenn man schon 23 Stunden lang versucht einen Weltrekord zu knacken. Die GDH Team sind einfach die besten Griffe. Ich musste nicht einmal über meine Handstellung nachdenken. Sie sind enorm komfortabel und perfekt für die Downhill-Szene. Ich habe die Griffe durch die Hölle geschickt, und sie haben es super mitgemacht.

Ergon: Du bist aktive Umweltschützerin und hast deinen Rekordversuch genutzt, um Spenden für die Aufforstung der Gegend um Coronet Peak zu sammeln. Was hat es damit auf sich?

Annie Ford: Die Ausläufer von Coronet waren früher dichter Buchenwald, ein sehr diverses Biotop. In den 1860ern wurde das gesamte Wakatipu-Becken brandgerodet, um Platz für Farmland zu schaffen. Insgesamt haben wir 95 Prozent der Artenvielfalt in der Region verloren. Ein Guinness Weltrekord erregt eine Menge Aufmerksamkeit, also habe ich dieses Momentum genutzt, um für die indigene Aufforstung zu sammeln und dem Berg, der mir so viel gegeben hat, etwas zurückzugeben. Am Ende haben wir 36.000 Dollar gesammelt, die an eine von den einheimischen Māori geführten Organisation gehen, um damit über 4.000 Bäume auf Coronet zu pflanzen.

Ergon: Wie verbindest du deine Umweltschutzarbeit mit dem Mountainbiken?

Annie Ford: Ich habe zehn Jahre lang als Meeresbiologin gearbeitet und habe die Umweltzerstörung mit eigenen Augen gesehen. Als ich versucht habe mit den Menschen und der Politik über diese Probleme zu sprechen, war das sehr schwierig. Also habe ich mein Mountainbike auf diese Talks mitgenommen und bin längere Touren mit den Teilnehmern gefahren, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und die Outdoor-Erfahrung zu teilen. So habe ich Aktivismus und Abenteuer zusammengebracht. Das funktioniert wirklich gut.  

Ergon: Würdest du sagen, dass Radfahrer umweltbewusster sind als andere Menschen? 

Annie Ford: Fahrradfahrer sind Outdoor-Menschen und haben eine besondere Beziehung zur Natur. Wir atmen die Luft. Wir schwimmen in den Flüssen. Wir sitzen auf den Bergkuppen. Ich denke, das führt zu mehr Umweltbewusstsein und auch zu mehr Bereitschaft, diese Orte zu erhalten. Wenn Radfahrer gut informiert sind, treffen sie auch gute Entscheidungen. Ich habe mein Bestes gegeben, um den Umweltschutz zu fördern, und ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Die Bike-Community ist engagiert und will die Orte, die wir genießen auch bewahren.  

Ergon: Was steht bei dir als nächstes auf dem Programm? 

Annie Ford: Ich habe immer eine Millionen Ideen im Kopf. Als nächstes plane ich eine Tour von Skandinavien nach Marokko. Ich werde im Juni in Norwegen starten und über die Lofoten, Schweden und Deutschland in die Niederlande fahren. Dann rüber nach Großbritannien, nach Frankreich, in die Schweiz, dann biege ich nach Westen ab nach Spanien und schließlich Marokko. Einmal kreuz und quer durch Europa sozusagen – die längste Tour, die ich jemals gefahren bin. 

Ergon: Hast du noch eine Botschaft für uns Radfahrer*innen? 

Annie Ford: Ich möchte euch nur eines mitgeben: Setzt euch auf ein Bike und schaut, wohin es euch trägt. Die Welt von einem Fahrrad aus zu erleben, ist ein körperliches und emotionales Erlebnis. Es bringt dich auf gesunde und spaßige Weise in Kontakt mit anderen Menschen – und mit dir selbst. Es ist eine fantastische Welt da draußen, und wenn man etwas, das einem am Herzen liegt, mit Leidenschaft verfolgen kann, ist das die wertvollste Erfahrung überhaupt. Die beste Zeit deines Lebens wartet da draußen.  

Ergon: Annie, vielen Dank für deine Zeit.

„Setzt euch auf ein Bike und schaut, wohin es euch trägt. Da draußen wartet die beste Zeit eures Lebens.“
Annie Ford

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