Beyond Fear
Wie bereitet man sich auf das extremste Freeride-Event der Welt vor? Wie geht man mit Stress, Angst und dem Drang um, härter und schneller zu fahren? ERGON Factory Rider Bienvenido Aguado Alba über seine persönliche Reise zur Red Bull Rampage 2024.
„The Price is Right“, so nennen die Profi-Freerider einen 29 Meter hohen Abhang. „Big F*ing Canyon Gap“ ist ihre liebevolle Bezeichnung für einen 24 Meter hohen Sprung über eine 22 Meter breite Schlucht. Beides ist absolut furchteinflößend, nichts, was ein normaler Mountainbiker auch nur im Traum in Angriff nehmen würde. Im Gegenteil, schon beim bloßen Zuschauen, dreht sich einem der Magen um. Die Kliffs und Canyons in der Wüste von Utah sind die Arena der Red Bull Rampage, dem härtesten und gefährlichsten Freeride-Event der Welt. Ähnlich wie Gladiatoren im alten Rom kämpfen die Fahrer hier nicht nur um den Sieg und die Gunst des Publikums, sie riskieren auch ihr Leben. Ihre Strategie, sich mit der Angst zu arrangieren besteht aus hartem Training, viel Erfahrung und einer guten Portion Galgenhumor. Sie nennen eine lebensgefährliche Linie „King Kong“, einen Trick-Jump ohne Hände am Lenker „Suicide No-Hander“ und rutschige Trails, mit tiefen Abgründen nur wenige Zentimeter neben den Reifen, werden lakonisch als “Exposure”, Aussicht, bezeichnet. Adrenalin ist ihr Treibstoff. Aber neben dem High, das ein erfolgreicher Run bringt, fährt eben auch irgendwo im Hinterkopf die Angst mit. Ein einziger Fehler ist gleichbedeutend mit einem potenziell lebensgefährlichen Crash. Und es gibt viele Beispiele in der Vergangenheit der Rampage, die den Fahrern deutlich vor Augen führen, was sie riskieren.
ERGON Factory Rider Bienvenido Aguado Alba, auch Bienve genannt, ist mit der Gefahr wohlvertraut. Sein gesamter sportlicher Werdegang bereitete ihn auf seine heutige Profession vor. Bereits mit fünf trat er als Leistungsturner an, es folgten unter anderem die Kampfkünste Capoeira und Taekwondo, dann die Sportarten Parkour und Breakdance. 2008 kaufte er sich sein erstes Bike. Nach vier Monaten stand er die ersten Backflips, nach einem Jahr den ersten Frontflip. Erst 2018, sehr spät in seiner Karriere, begann Bienve Big Bikes zu fahren. Mittlerweile gehört er zu den besten Freeridern der Welt.
Auf der Rampage 2023 sahnte er mit dem Kelly McGarry Spirit Award, dem Best Trick Award, und dem People’s Choice Award gleich drei Preise ab. Ihn auf der Rampage 24 zu treffen ist also keine große Überraschung. Aber wie bereitet er sich auf ein so extremes und gefährliches Event vor?
Routiniertes Training für eine extreme Herausforderung
Bienve stählt Körper und Nerven mit viel Routine. „Ich fahre mein Bike so viel ich kann, um mich auf die Rampage vorzubereiten“, erklärt er, „Ich wechsle dabei zwi-schen Downhill, Freeride und Trick Jumping. Ich fahre auch viel Motorrad, weil es das physische Training gut unterstützt.“ Der Spanier weiß aber auch, dass es sehr viel mehr braucht, um bei der Rampage erfolgreich zu sein. Platz für Zweifel oder Angst darf es nicht geben.
„Ich vertraue auf meine Skills und versuche mich nicht stressen zu lassen. Der Trick ist, immer flexibel mit der Situation umzugehen.“
Und da haben wir es – um der Gefahr der Rampage zu trotzen, gibt es ein Rezept: Hartes Training und “ Go with the Flow”!
Das Zauberwort heißt: Kontrolle
Starke Nerven sind eine Sache, die Drops werden dadurch aber nicht weniger hoch und die Impacts nicht weniger hart. Was genau gibt Bienve so viel Selbstvertrauen, dass er sich diesen Gefahren stellen kann?
„Um sicher zu fahren, muss ich selbstbewusst sein und versuchen, alle Faktoren unter Kontrolle zu haben. Dann geht es nur noch darum, an mich zu glauben und es durchzuziehen“.
Zu dieser Kontrolle tragen zu einem guten Teil auch die richtigen Komponenten bei. Bienvenido vertraut auf die ERGON GRF1 Griffe und einen SM Freeride Prototype Sattel.
„Ich liebe den Sattel für mein Rampage Bike! Die Abstimmung mit dem Fahrrad war traumhaft, es ist im Moment mein absoluter Lieblingssattel.
Mit den GRF1 habe ich volles Vertrauen in meinen Grip. Ihre Größe ist einfach perfekt. Ich vertraue der Dämpfung auch bei großen Stößen, und sie ermöglichen es mir, meine Tricks so zu fahren, wie ich es möchte. Alles das hilft mir, den perfekten Ride hinzulegen.
Die GRF1 werden weiterhin ein fester Bestandteil Teil meiner Räder sein. Da gibt es keine Alternative für mich, ich vertraue ihnen zu einhundert Prozent.“
Under Pressure – härter, schneller, weiter?
Ein weiteres Gap, ein höherer Drop, ein coolerer Trick – es kann ein gefährliches Spiel sein. Einer der fragwürdigsten Aspekte beim Freeriding – wie bei jeder anderen Extremsportart – ist der Drang, immer einen drauf setzen zu wollen. Die Linie zwischen gesundem Respekt vor den Gefahren und dem Drang nach mehr verwischt schnell. Vor allem, wenn man, wie Bienve, schon im Jahr zuvor etwas so Großartiges wie einen Frontflip über ein Canyon Gap hingelegt hat.
Rampage 24 – It’s about getting up
Bei der Rampage 24 muss Bienve sich all den Gefahren und Konsequenzen stellen, die das Event mit sich bringt – und es trifft ihn hart. Ein schwerer Sturz bei einem großen Drop während der Practice-Runs raubt ihm wertvolle Trainingszeit und belastet ihn körperlich und geistig. Am Event-Tag selbst herrscht starker Wind und der Untergrund ist sehr locker. In seinem ersten Lauf stürzt Bienve erneut schwer. Er verzichtet aus Sicherheitsgründen auf seinen zweiten Lauf und geht ohne Punkte aus dem Rennen. Die diesjährige Rampage meinte es wirklich nicht gut mit ihm. Wie verkraftet man einen so harten Schlag nach so viel Blut, Schweiß und Tränen?
„Ich bin mit mir im Reinen. Wir haben so viel harte Arbeit investiert. Wir mussten mit dem Unfall im Training irgendwie klarkommen – am Ende hat es einfach nicht gereicht.
Ich bin nicht traurig. Es ist, wie es ist, und ich nehme es wie ein Mann. Das ist Extremsport und so etwas gehört zum Spiel dazu.
Das nächste Mal wird es anders sein.“
Bienves Hartnäckigkeit, sein unbedingter Wille, immer wieder aufzustehen, bleibt nicht unbemerkt. Er gewinnt den Rampage Toughness Award. Und er nimmt noch mehr aus Utah mit nach Hause.
„Ich habe so viel gelernt, ich bin so stolz auf mein Team und mich. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr wiederkommen kann, um den Job zu beenden.“
Es geht eben nicht nur ums Gewinnen.
Es geht um den Ride.
Um die Erfahrung.
Und wenn man stürzt, geht es darum, seine Angst zu überwinden und wieder aufzustehen.